Mittwoch, 27. November 2013

Filmdiskussion "Caminantes" am 4. Dezember 2013

Die Hochschulgruppe „Aires del Sur – Reflexionar sin Fronteras“ lädt Studierende aller Fakultäten sowie interessierte Bürgerinnen und Bürger herzlich zur Filmdiskussion des Dokumentarfilms „Caminantes“ ein.

Der Film erzählt die Geschichte einer kleinen mexikanischen Siedlung, die zu Beginn des Jahres 2001 von einer großen Nachricht in Atem gehalten wird:
 Die „nationale zapatistische Befreiungsarmee“ hat sich angekündigt. Die Zapatisten treten für eine Anerkennung der Rechte der indigenen Völker ein und haben sich zu Fuß auf den Weg in die Hauptstadt Ciudad de Mexico gemacht. Die wichtigen Persönlichkeiten der kleinen Siedlung planen ein großes Willkommensfest für die marschierenden Kämpfer. Die Kamera begleitet in „Caminantes“ ebenso die umtriebigen Festvorbereitungen wie auch den Anführer der Zapatisten, Subcomandante Marcos, der in einem Reiseinterview von den zurückliegenden 18 Jahren Geschichte der Bewegung erzählt.

Dazu laden wir Sie am Mittwoch den 4. Dezember 2013 ab 19.30 in den Hörsaal 117 des Romanischen Seminars ein. Nach einer kleinen Einführung in das Thema des Films möchten wir den Film gemeinsam im spanischen Original anschauen und anschließend im Plenum diskutieren.

Über Ihr Kommen würden wir uns sehr freuen!




Samstag, 9. November 2013

Erfolgreicher Workshop zum Thema "Armut in den Medien in Deutschland und Argentinien"



Am 8. November 2013 durften wir von "Aires del Sur - Reflexionar sin Fronteras" als Gastreferenten bei einem Studientag in Obermarchtal auftreten.
Der Tag, der unter dem Motto "Vergiss die Armen nicht - Armut und Gerechtigkeit in Deutschland und Argentinien" stand, wurde dort vom Gymnasium des Studienkolleg Obermarchtals und dem Freundeskreis Tinkunakuy e.V. angeboten. Mit nicht weniger als 8 Workshops rund um das Leitthema Armut und Gerechtigkeit hier und dort lieferte der Studientag mehr als genug spannende Denkanstöße und Möglichkeiten über den sprichwörtlichen Tellerrand hinauszuschauen. 

Unser Workshop beschäftigte sich mit der Präsenz der Armut in den Medien in Deutschland und Argentinien. Anhand von Textanalysen, Gruppendiskussionen und individuellen Reflexionen erarbeiteten wir das Thema gemeinsam mit den Schülern.



Die Ergebnisse konnten sich mehr als sehen lassen und wir hoffen, den Schülern neue Herangehensweisen an Beiträge aus dem Bereich der Massenmedien an die Hand mitgegeben zu haben.

Nach unserer Rückkehr nach Heidelberg wartete bereits das nächste Event auf uns: Die Filmvorführung des Dokumentarfilms "Sin mapa" im Malecón in der Heidelberger Altstadt!

Montag, 14. Oktober 2013

Wintersemester 2013/14: offizielles Programm

Es ist soweit! Der Flyer mit dem Aires del Sur - Programm für dasWintersemesters ist da....

Wir freuen uns darauf, Euch bei unseren Veranstaltungen begrüßen zu dürfen!


Les presentamos las Fechas oficiales del semestre de Invierno 2013/14


Mittwoch, 9. Oktober 2013

Neues von Aires del Sur!

Die ersten Termine des Wintersemesters stehen:

24.10.2013: Semestereröffnungsparty im Canoa

30.10.2013: Stadtführung für neue und alte Heidelberger

08.11.2013: Aires del Sur beim Studientag des Freundeskreises Tinkunakuy

13.11.2013: Documental Caminantes und anschließende Diskussion

Flyer und genauere Infos coming soon!

Merkt euch die Termine dick im Kalender vor!

Sonntag, 6. Oktober 2013

Back to School!

"Aires del Sur" geht zurück in die Schule!

Am 8. November bieten wir beim Studientag des Freundeskreises Tinkunakuy in Obermarchtal einen Workshop zu folgendem Thema an:

"Wer sieht was (nicht)? Wie spiegelt sich Armut in den Medien in Deutschland und Argentinien?"


Montag, 30. September 2013

Eudaimonia und Sumak Kawsay - vom Ziel des guten Lebens in der griechisch-antiken und andin-indigenen Tradition

Eudaimonia und Sumak Kawsay – vom Ziel des guten Lebens in der griechisch-antiken und andin-indigenen Tradition

In Europa neigen wir dazu, alle Errungenschaften der Moderne als Produkt der aufklärerischen Tradition zu verstehen. Dabei verstehen wir die Entwicklung von Zivilisation und funktionierender Wertesystemen als Teil des scheinbar genuin europäischen Projekts der Aufklärung.
Dieses, sich auf Europa als vermeintliches Zentrum der kultivierten Welt konzentrierende Weltbild nennt sich Eurozentrismus. Mit wachsendem Selbstbewusstsein der sogenannten Entwicklungsländer gerät dieses Weltbild zunehmend unter Druck.
Die große Dominanz europäischer Geisteswissenschaften beruht unter anderem auf die Schriften und ganz  besonders auf die Ethiken antiker Philosophen. Dabei vergessen wir, dass diese Schriften ohne die enorme wissenschaftliche Leistung der maurisch-muslimischen Übersetzer und Interpreten des maurischen Großreiches in Andalusien (bis zur Reconquista 1492) und Nordafrika heute überhaupt nicht mehr erhalten wären.
In diesem Beitrag möchte ich zeigen, dass sich abseits von Europa und unabhängig von den europäischen und später angloamerikanischen Zivilisierungsversuchen ganz eigene Lösungsansätze, Traditionen und Wertesysteme gebildet haben. Besonders Krisenzeiten, in denen lange angesehene Orientierungspunkte durch neue wirtschaftliche und naturwissenschaftliche Herausforderungen wegzubrechen drohen, lohnt es sich, auch abseits der europäischen Tradition nach Auswegen und Lösungsansätzen zu suchen.
Viele Philosophen und kritische Ökonomen forderten im Zuge der multiplen Krisen und dem Wegfall derk klaren, bisher gültigen Dogmen wie „Mehr Wachstum und Konsum = mehr Lebensqualität“  eine Rückkehr zu den Lehren der Antike. Besonders der Philosoph Aristoteles (384-322 v. Chr.) warnte bereits die antike Gesellschaft Athens davor,  in den Strudel des ewigen Strebens nach Mehr zu geraten:
„Grund für die Gesinnung ist die emsige Bemühung um das Leben, doch nicht um das gute Leben, weil aber jenes Begehren ins Grenzenlose geht, so begehren sie auch unbegrenzte Möglichkeiten, dies zu bewerkstelligen.“ (Aristoteles, Politik: 1257 b - 1258 a1).
Als Alternative zu diesem Irrweg erklärt Aristoteles die Eudaimonia als oberstes Ziel. Eudaimonia bedeutet etwa „das gute, glückselige Leben“ und charakterisiert sich vor allem durch Tugendhaftigkeit und der Orientierung am „rechten Maß“. Grenzenloses Wachstum und grenzenlose Bereicherung ist dabei nicht vorgesehen, da eine Bemühung um diese Güter den Menschen nur vom tatsächlichen Ziel des menschlichen Lebens, dem guten Leben ablenken würde. Wer Reichtum zum obersten Ziel erkläre verwechselt laut Aristoteles das Mittel mit dem eigentlichen Zweck.
Dieses Konzept der Wirtschaft als „Dienstleister des guten Lebens“ verlor in Europa besonders im Zuge der Industrialisierung an Wirkmächtigkeit und feiert erst aufgrund der Krisen der letzten Jahre seine Renaissance. Ein ähnliches Weltbild der indigenen Andenvölker des heutigen Bolivien und Ecuador konnte sich währenddessen gegen die Ökonomisierung der Welt behaupten und wurde bereits kurz nach der Jahrtausendwende in die Verfassungen der beiden Länder erhoben. Die Rede ist von dem Streben nach „Sumak Kawsay“, was auf Quechua so viel bedeutet wie „gutes Leben“ und hier weiter erläutert werden soll.
Bereits lange vor der Eroberung des amerikanischen Kontinents durch die Europäer und die Unterdrückung der indigenen Lebensformen durch aggressive Missionierung verfügten die Völker der andinen Regionen Südamerikas über eine gewachsene Ethik mit klaren Werten und Normen. Ähnlich wie beim aristotelischen „guten Leben“ handelt es sich bei „Sumak Kawsay“ keinesfalls um eine light-version des Lebens oder den Versuch, das dolce-vita-Gefühl als Ethik zu verkaufen. Stattdessen steht ein enges Verhältnis des Menschen zur Natur im Mittelpunkt. Die heilige Pachamama wird als eigenständiges Subjekt verstanden – inklusive eigener Rechte und Schutzanspruch. Auch wird Entwicklung keinesfalls als linearer Prozess von schlecht einem schlechten und zu überwindenden Zustand zu einem guten, lebenswerten, von unterentwickelt zu entwickelt, verstanden. Stattdessen gilt das ganze Leben als Entwicklung,  eine sich ständig selbst konstruierende und reproduzierende Kategorie.
Materieller Wohlstand tritt in diesem Verständnis in seiner Bedeutung hinter Werte wie Wissen und Erfahrung, soziale und kulturelle Anerkennung oder den Einklang einer Gesellschaft mit der Natur zurück.  Eine Konzentration auf das Streben nach einem guten Leben im Sinne des Sumak Kawsay hätte entsprechend eine vollkommene Umorientierung zur Folge. Zentrales Element ist die Bedeutung der Vereinbarung menschlichen Lebens mit der Natur als Lebensraum.
Bolivien und Ecuador haben weite Teile dieses indigenen Wertekodex in ihre modernen Verfassungen aufgenommen. Sogar die Nennung der Natur als schützenswertes Subjekt fand Eingang in die Gesetzestexte. Ein Versuch der Umsetzung dieser, oftmals als Utopie belächelten Zielsetzungen stellt beispielsweise die vieldiskutierte Yasuní-Initiative Ecuadors dar. Kernidee des Projekts war es, verfügbare Ölressourcen in ökologisch und anthropologisch sensiblen Regionen des Yasuní-Nationalparks bewusst nicht zu fördern. Weltweit warb das Andenland – auch dank einer Ablehnungspolitik Deutschlands leider weitestgehend erfolglos -  um Unterstützung für die Schutzmaßnahme des Ökosystems.

Trotz des Scheiterns dieser Initiative zeigt sich, dass neue Lösungen nicht immer aus Europa oder Nordamerika kommen müssen und sich ein Blick auf die Traditionen anderer Kulturräume, wie z.B. Lateinamerika für jeden lohnt, der auf der Suche nach anderen Ansätzen und Denkmustern ist.

Montag, 24. Juni 2013

Wenn Bulldozer auf Tradition treffen – Zur geplanten Umsiedlung der Tonokoté- Indigenen in Santiago del Estero

Wie wenig Rücksicht angesichts großer Bauvorhaben auf geschichtlich sensible Orte genommen wird ist, seit dem teilweisen Abriss der Berliner East Side Gallery zugunsten eines Neubaus, auch in Deutschland hinreichend bekannt. Während diese Themen hierzulande jedoch in der Regel große mediale Aufmerksamkeit bekommen, finden Umsiedlungen, Abrisse und Vertreibung in vielen Teilen Lateinamerikas unter Ausschluss der Öffentlichkeit statt. Nicht selten liegt die Verantwortung über die Berichterstattung bei mächtigen Medienmogulen, die, direkt oder indirekt, von den Bauprojekten und Landverkäufen profitieren (siehe Artikel zum Mediengesetz in Argentinien).
So lässt sich auch erklären, dass die Öffentlichkeit Santiago del Esteros erst durch einen verzweifelten Hilferuf in den sozialen Netzwerken Facebook und Twitter von den Vorgängen erfuhr, die sich direkt neben einem der beliebtesten Ausflugziele der Stadt, dem Patio Froílan, zugetragen hatten.
Dort, in einer Örtlichkeit namens „Boca del Tigre“ (Mund des Tigers), lebten bis Ende Mai 2013 dreiundzwanzig Familien der Auqajkuna-Gemeinde, die zum indigenen Volk der Tonokoté gehören. Die Tonokoté sind ein Volk, das seine Wurzeln hauptsächlich in den Provinzen Tucumán und Santiago del Estero hat und dort bis heute versucht, seine Traditionen aufrecht zu erhalten.

Privates Viertel soll Platz der Tonokoté einnehmen

Im Rahmen eines Immobilienprojekts sollten die 20 Landbesitz Hektar der Tonokoté nun bebaut werden: geplant war dort ein „Barrio privado“, also ein privates Viertel.
Dieser Plan stieß jedoch auf den Widerstand der Tonokoté, die sich weigerten ihr Territorium gegen neue Häuser an anderer Stelle einzutauschen. Um die Pläne der Regierung, die das Gelände schon an einen Investor verkauft hatte, zu retten, entschied sich der Richter Guillermo Tarchini Avedra für ein Vorgehen mit der Brechstange:
Um 5 Uhr morgens wurden die 23 Familien der Gemeinde von einem Großaufgebot der Polizei der Provinz Santiago del Estero (einer Provinz, die mit ihrer kulturellen Vielfalt und ihrer indigenen Identität wirbt) geweckt und ohne weitere Erklärung mithilfe von Hunden, berittenen Einheiten und Gummigeschossen aus ihren Häusern gezerrt. Im Anschluss an diese Aktion, die zu mehreren Verletzten, darunter Kinder und eine Schwangere, führte, machten sich die Einsatzkräfte daran, die Häuser und Gärten der Gemeinde mithilfe mehrerer Bulldozer dem Erdboden gleichzumachen. Die zwei Anführer und Sprecher der Gemeinde wurden wegen Widerstand gegen die Zerstörung ihrer Häuser von den Polizisten festgenommen.
  
Tageszeitungen ignorieren Vorgänge

Um die Öffentlichkeit auf die brutale Aktion aufmerksam zu machen, wurden die schockierten Familienmitglieder der Festgenommenen bei den zwei wichtigsten Tageszeitungen der Provinz Santiago del Estero „El Liberal“ und „El nuevo Diario“ vorstellig und übergaben den Journalisten Fotomaterial, Videos und Zeugenaussagen zu den Geschehnissen. Beide Zeitungshäuser weigerten sich jedoch, der Bitte um Veröffentlichung nachzukommen.[1]
Erst die Veröffentlichung von Videos der Polizeiaktion auf Facebook und Twitter führte zu einer Reaktion in der Öffentlichkeit. Zahlreiche Onlinezeitungen und Bloggs berichteten über die polizeiliche Repression und die Enteignung der Familien und erreichten so eine große Aufmerksamkeit in der Zivilgesellschaft Santiagos. 
Unter dem daraufhin entstandenen öffentlichen Druck knickte die Provinzregierung von Gouverneur Gerardo Zamora schließlich ein. Hatten die offiziellen Stellen bisher jegliche Stellungnahme verweigert,  versprach man nun den Wiederaufbau der Häuser und die Überreichung amtlicher Besitzurkunden an die Familien der Auqajkuna-Gemeinde. Auch die heiligen Stätten der Tonokoté sollen darin respektiert werden.
Fraglich bleibt jedoch, wie diese Geschichte ohne die  beherzte Selbsthilfe der Indigenen ausgegangen wäre. Denn wenn die Herstellung von Öffentlichkeit schon für gut vernetzten Bewohner der Provinzhauptstadt derartige Schwierigkeiten bereitet, fällt es nicht schwer, sich die Hilflosigkeit der isolierten Landbevölkerung vorzustellen. Erschwerend kommt dort nämlich noch hinzu, dass die Enteigneten sich meist multinationalen Agrarkonzernen mit starker Rechts- und Lobbyabteilungen gegenübersehen.







[1] Siehe: http://tiempo.infonews.com/2013/05/25/sociedad-102518-otro-desalojo-a-una-comunidad-indigena-en-santiago-del-estero.php

Mittwoch, 19. Juni 2013

Die Fachschaft Romanistik und "Aires del Sur - Reflexionar sin Fronteras" bitten zum Tanz!


Samstag, 15. Juni 2013

Die dunkle Seite der deutsch-argentinischen Beziehungen
Das Versagen der deutschen Regierung im Umgang mit der argentinischen Militärjunta

Dass Spitzensportler  in Sachen Weltpolitik nicht immer aufgrund ihrer Expertise auffallen, ist uns heute nicht unbekannt. Ob im Fall der Aussagen der Sportler in Diskussionen um  Menschenrechte im Vorfeld der Europameisterschaft in der Ukraine oder nach einem Motorsportevent in Bahrain, wo Sebastian Vettel die Berichte über die dortige Demokratiebewegung als „großen Hype“ bezeichnete(Stern, April 2012): Es schläft sich besser mit dem Wissen, dass die Meinung von Sportlern, Gott sei Dank, nicht unbedingt auf die Außenpolitik ihres jeweiligen Heimatlandes übertragbar ist. 
Ob das immer so war muss zumindest in Frage gestellt werden, wenn man sich mit den Geschehnissen um die Fussball-Weltmeisterschaft 1978 in Argentinien und dem Agieren  der  Regierung Schmidt/Genscher  beschäftigt.  
Die Nationalmannschaft um Berti Vogts reiste damals als amtierender Weltmeister nach Argentinien und musste sich im Vorfeld ungewöhnlich viel mit der so ungeliebten Politik befassen.  Die deutsche Sektion von Amnesty International hatte die Spieler der Nationalelf aufgerufen, eine Petition an die Bundesregierung zu unterzeichnen, um die Geschehnisse am Rio de la Plata ins Rampenlicht der deutschen Öffentlichkeit zu befördern.  Dort hatte sich 1976 eine Militärjunta an die Macht geputscht und setzte dem massiven Widerstand linker Guerillagruppen um die sogenannten „Montoneros“ ein System aus Repression und staatlichem Terror entgegen.
Die Bemühungen um die Fussballspieler von Seiten der Menschenrechtsorganisation blieben weitestgehend erfolglos, einzig Paul Breitner unterzeichnete die Petition und erntete dafür massive Kritik von Seiten des DFB und den Spott seines Mannschaftskollegen und Kapitäns Berti Vogts. Erich Beer, Spieler von Hertha BSC tat die Bedenken mit den folgenden Worten ab: „Es belastet mich auf keinen Fall, dass dort gefoltert wird. Wenn ich in Deutschland spiele, denke ich ja auch nicht daran, dass da im Krieg viele umgekommen sind.“
Während andere Länder per Parlamentsbeschluss entschieden, sich „jeglichen Sympathiebekundungen gegenüber der Diktatur und ihren Vertretern zu verweigern“, pochte der DFB auf die Unterlassung jeglicher politischer Einmischung. Und auch die Regierung um Helmut Schmidt und Hans-Dietrich Genscher lehnte jedes Statement ab, um die guten Beziehungen zwischen Deutschland und Argentinien nicht zu gefährden.
Genscher, Grandseigneur der deutschen Außenpolitik, hatte bereits zwei Monate nach der Machtergreifung der Militärjunta seinen Staatssekretär Dr. Karl Moersch nach Argentinien geschickt, der dort erklärte, die Militärs würden „wohlüberlegte Regierungsmaßnahmen“ umsetzen und auch bei der „Bekämpfung des Terrorismus“ große Fortschritte machen. [1]

Wie sah diese „Bekämpfung des Terrorismus“ aus, die Moersch  mit seinem Lob legitimierte?
 Die Militärs um General Videla  errichteten an verschiedenen Orten Lager, in denen all jene interniert wurden, die als „subversiv“  und somit als „Gefahr für die öffentliche Sicherheit“ eingestuft wurden.  Dazu gehörten neben aktiven Guerillakämpfern (von denen sich tatsächlich nur noch wenige im Land aufhielten) auch politische aktive Studenten; Schüler, die sich für die Einführung einer Vergünstigung des Bustickets einsetzten (Film:„La noche de los lapices“);  Mütter, die sich für die Freilassung ihrer festgenommenen Kinder einsetzten und viele andere, die dem Regime ein Dorn im Auge waren.  Gnade durften sie von den Militärs nicht erwarten, heftige Folter, Vergewaltigungen und Ermordung der Gefangenen galten als normale Mittel um ihren Willen zu brechen und ihnen  Geständnisse und Informationen jeglicher Art abzupressen. Besonders perfide war die Strategie des „Verschwindenlassen“ von Gefangenen.  Dabei wurden die Festgenommenen nach Folter und Verhör noch lebend über dem Rio de la Plata aus Helikoptern und Flugzeugen geworfen und für die Welt unsichtbar gemacht. Aktuelle Forschungen gehen davon aus, dass dieser Praxis in etwa 30.000 Menschen, die sogenannten „desaparecidos“ zum Opfer fielen.

Elisabeth Käsemann und Klaus Zieschank – zwei deutsche Desaparecidos
Zu diesen „desaparecidos“ gehörten auch zahlreiche Deutsche und deutschstämmige Argentinier. Besondere Aufmerksamkeit erfahren bis heute die Fälle von Elisabeth Käsemann und Klaus Zieschank. Beide befanden sich zum Zeitpunkt der Machtübernahme der Militärs in Argentinien. Käsemann arbeitete als Sozialarbeitern in den Elendsvierteln von Buenos Aires und Zieschank war als Praktikant in der argentinischen Niederlassung von Mercedes Benz tätig. Beiden wurde ihre Tätigkeit zum Verhängnis. Während Käsemann als freiwillige Sozialarbeiterin automatisch als „linke Aktivistin“ galt, kam Zieschank wohl aufgrund seiner Nähe zu gewerkschaftlich organisierten Arbeitern in der Fabrik ins Visier der Militärchergen.
Das Verschwinden der beiden Deutschen wurde ihren Familien bald bekannt, beide wurden sie von Zeugen in den Folterkellern der Diktatur gesehen. Dennoch blieb das Auswärtige Amt in Deutschland auffällig untätig. Während andere Länder (Spanien, Frankreich, England, USA und Österreich) mithilfe von politischem Druck und unter Androhung von Saktionen ihre Verschwundenen freibekamen, reagierte die deutsche Behörde mit einer Politik der sogenannten „stillen Diplomatie“.  Die Beamten streuten sogar Gerüchte, wonach die Verschwundenen in terroristische Aktivitäten verstrickt gewesen seien. Die Schuldfrage wurde durch diese perfide Taktik von den Militärs auf ihre Opfer übertragen, sie wurden zu Tätern gemacht. Dabei war das Vorgehen der Militärs keineswegs ein Geheimnis. Die deutschen Botschaftsmitarbeiter in Buenos Aires hatten Kenntnis über die Vorgänge in Foltereinrichtungen wie der ESMA und General Jorge Videla sprach 1975 sogar öffentlich über seine Strategie zur „Wiederherstellung der Ordnung“: „Wenn es notwendig ist, müssen in Argentinien so viele Menschen sterben wie nötig, um die Sicherheit wiederherzustellen.“ Sein Kollege General Ibérico Saint-Jean wird 1976 (im Jahr der Fussball-WM) sogar noch genauer: „Erst werden wir die Subversiven töten, dann die Kollaborateure, dann ihre Sympathisanten, danach die Indifferenten und zum Schluss die Lauen.“[2]
Parallel zu seiner „stillen Diplomatie“ vermittelte das deutsche Auswärtige Amt große Aufträge zwischen deutscher Industrie und der argentinischen Junta. Andere Staaten verhängten ein umfassendes Waffenembargo gegen Argentinien, Deutschland stieg zum wichtigsten Waffenlieferanten für die Militärs auf. Auch Mercedes Benz profitierte reichlich von der Machtübernahme. Löhne und Sozialabgaben wurde massiv gesenkt, lästige Gewerkschafter  verschwanden für immer (Untersuchungen zur Beteiligung der Firma an den Entführungen laufen bis heute (siehe Pressemitteilung Amnesty International vom 28.04.2013).  Die Verbindung der großen Vorteile für die deutsche Wirtschaft und der Untätigkeit des Auswärtigen Amtes im Fall der deutschen Verschwundenen kommentierte der Vater von Elisabeth Käsemann, der bekannte Tübinger Theologieprofessor Ernst Käsemann mit den Worten: „Humanität wie Demokratie werden hier bürokratisch verwaltet, und ein verkaufter Mercedes wiegt zweifellos mehr als ein Leben.“




[1] Vgl.: „Dass du zwei Tage schweigst unter der Folter! Elisabeth Käsemann, Klaus Zieschank, die Diktatur in Argentinien und die Leichen im Keller des Auswärtigen Amtes“ Bibliothek des Widerstands Band 8. Hamburg 2010.  S.30
[2] Siehe.: „Dass du zwei Tage schweigst unter der Folter! Elisabeth Käsemann, Klaus Zieschank, die Diktatur in Argentinien und die Leichen im Keller des Auswärtigen Amtes“ Bibliothek des Widerstands Band 8. Hamburg 2010.  S.70f

Donnerstag, 30. Mai 2013

Kooperation von "Aires del Sur - Reflexionar sin Fronteras" und dem "Festival de CineLatino"

Am 18. Mai präsentierte "Aires del Sur - Reflexionar sin Fronteras" im Rahmen des Heidelberger Festival de CineLatino Workshops zu verschiedenen Themen.

Hier das Video zum Workshop "Intoxicación mediática: Espana". Vielen Dank an alle Beteiligten!

Intoxicación mediática: Espana

Freitag, 3. Mai 2013

"Aires del Sur - Reflexionar sin Fronteras" und Víctor Canicio

Hier die ersten Bilder des Abends mit Vítcor Canicio. Das Video folgt in Kürze.

Herzlichen Dank an alle Beteiligten für einen tollen Abend!







 Víctor Canicio mit dem Heidelberger Übersetzer und Schriftsteller Willi Zurbrüggen





Montag, 25. März 2013

Warum neue Mediengesetze notwendig und richtig sind: Die kolumbianischen Medien und die sozialen Proteste



Während Argentinien, Ecuador und Venezuela versuchen durch neue Mediengesetze, die Medienlandschaft zu demokratisieren und denen eine Stimme zu geben, die bisher keine hatten, ist die Situation in Kolumbien unverändert und es lohnt sich daher einen Blick auf die dortige Situation zu werfen, um zeigen zu können warum die Gesetzesinitiativen in den Lateinamerikanischen Ländern notwendig und wünschenswert sind.

Freitag, 22. März 2013

Kolumbien - Großangelegte Hackerangriffe auf Internetseiten der Regierung


Eine Gruppe von Hackern, die sich „Colombian Hackers“ nennt, sorgt derzeit für Aufregung in Kolumbien. Sie setzen sich für eine bessere Zukunft für alle ein und hacken derzeit offizielle Internetseiten, die auf gov.co enden. Allein am 21.03. wurden so 9 Seiten vom Netz genommen.
Screenshot (22.03.2013)

Pos-neoliberalismo y luchas por la hegemonía en Ecuador: La nueva ley de la comunicación

“Uno de los más grandes obstáculos para formar fuerzas de resistencia depende del hecho de que la clase dirigente controla los medios como nunca en la historia.” (Bourdieu 2004: 178)


Esta situación a la cual se refiere Bourdieu, se encuentra en todo el mundo, pero en el caso de algunos países latinoamericanos como Venezuela, Ecuador o Argentina los medios de comunicación están en poder de unas pocas familias y consorcios que dominan el sector mediático y la opinión pública y están en guerra con los nuevos gobiernos de centro-izquierda que ya no favorecen la política neoliberal de los últimos treinta años.

Post-Neoliberalismus und Kämpfe um die Hegemonie in Ecuador: Das neue Mediengesetz

„Eines der großen Hemmnisse bei der Herausbildung von Kräften des Widerstands liegt in der Tatsache, dass die Herrschenden die Medien wie noch nie in der Geschichte kontrollieren.“ (Bourdieu 2004: 178)


Diesen Zustand, den Pierre Bourdieu hier beschreibt finden wir nahezu überall in der Welt, aber im Falle einiger Länder in Lateinamerika wie beispielsweise Venezuela, Ecuador und Argentinien besitzen und dominieren einige wenige Konsortien und Familien den kompletten medialen Sektor und somit die öffentliche Meinung, die sie in ihrem Kampf gegen die neuen mitte-links Regierungen, die sich gegen die neoliberale Politik der letzten 30 Jahre stellen.

Der Kaffeestreik in Kolumbien

Der Versuch einer Reproduktion der Geschehnisse aus Sicht der deutschen online Tageszeitungen

Wer gibt einem Informationen zum Kaffeestreik in Kolumbien? Spannende Frage für den ersten Aires-del-Sur-Pressespiegel zu Kolumbien. Also ab an den Computer, Browserfenster öffnen und fleißig googlen? Immerhin - ein erster schneller Zugriff auf Informationen ist so doch sicherlich gewährleistet? Nein! Ich möchte ja nicht wissen welche Seite am besten die große Suchmaschine manipuliert, ich will ja wissen wem so was eine Meldung wert ist und wenn ich das beantworten kann, dann wäre es auch interessant zu wissen was genau daran eine Meldung wert ist. Also dann, welche große deutsche Tageszeitung gibt mir Informationen?

Kolumbien und seine „ESMAD“ (Escuadrón Móvil Antidisturbios)

In Deutschland kaum beachtet, gab es in Kolumbien schwere Zusammenstöße zwischen Demonstranten und der Spezialeinheit der Polizei ESMAD (dt. „Mobile Antiterroreinheit“). Diese Spezialeinheit wurde 1999 gegründet und ist, so wird es zumindest auf Wikipedia gesagt, hauptsächlich dafür gedacht, die lokalen Polizeikräfte bei Demonstrationen und Großveranstaltungen zu unterstützen.
Doch anstatt für die Sicherheit zu sorgen, scheint diese Einheit eher durch ihr unverhältnismäßiges Auftreten aufzufallen. So kam es im Zuge der Studentenproteste im Jahr 2011 mehrfach zu schweren Zusammenstößen mit Verletzten, die in keinem Verhältnis zu dem eigentlichen Protest standen.

„Vorbild“ oder „Gefahr für die Demokratie“? Zur Verabschiedung des neuen Mediengesetzes in Argentinien

Die spanische Zeitung „El País“ spricht von einem „Gesetz zur Medienkontrolle“ (10.10.2009), die “Neue Züricher Zeitung“ verkündete einen „Schatten über der Pressefreiheit“ (14.09.09) und die deutsche „Frankfurter Allgemeine Zeitung“ fürchtet sich vor „neuen Zwangsjacken für Journalisten“ (19.10.2009). Die Rede ist vom neuen Mediengesetz Argentiniens. Am 10. Oktober 2009, wurde es mit 44 zu 24 Stimmen vom Kongress in Buenos Aires verabschiedet. Die darauf folgenden Reaktionen der internationalen Presse und Institutionen hätten unterschiedlicher nicht sein können. Während große europäische Medien die Pressefreiheit öffentlichkeitswirksam zu Grabe trugen, sprach der UN-Sonderberichterstatter für Meinungs- und Redefreiheit, Frank la Rue, von einer „Vorbildfunktion für den Kontinent“ und bezeichnete das Gesetz als einen „Schritt vorwärts in Lateinamerika gegen die zunehmende Konzentration des Eigentums an Medien.“ (CNN am 01.09.2009).
Am 7. Dezember 2012, über 3 Jahre nach seiner Verabschiedung trat das Gesetz nun in Kraft. Die Meinungen darüber bleiben weiterhin gespalten und eine große Mediengruppe geht noch immer gerichtlich dagegen vor. Grund genug, die Hintergründe des Gesetzes und die argentinische Medienlandschaft hier einmal überblicksartig zu beleuchten.